Tagungsbericht Zukunftsdialog Ökolandbau 2019: Öko-Rapsanbau – Erträge sichern und Anbau ausweiten

28
Jun
2019

Vom 15.–16. Mai 2019 fand der „Zukunftsdialog Ökolandbau – Transfer angewandter Forschung“ an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE) statt. Die Tagung wurde zum vierten Mal gemeinsam mit dem Julius Kühn-Institut (JKI) an der Hochschule ausgerichtet. Insgesamt 38 Teilnehmer* innen aus Wissenschaft, Beratung und Praxis kamen zum Thema ins Gespräch (Abb. 1). Eröffnet wurde die Tagung von den Organisatoren der Veranstaltung, dem Leiter der Stabsstelle Ökologischer Landbau des JKI Prof. Dr. Stefan KÜHNE und dem Hochschulprofessor der HNEE Prof. Dr. Roland HOFFMANN- BAHNSEN. Anschließend wurde in kurzen Impulsvorträgen die Themenbreite Öko-Rapsanbau vorgestellt. Es zeigte sich, dass insbesondere aufgrund des hohen Nährstoffbedarfes und der vielen Schädlinge, die vom Auflaufen bis zur Schotenbildung den Raps befallen, der Anbau ein ausgesprochen hohes Risiko für den Landwirt darstellt. Trotz der guten Preise von durchschnittlich 85 € pro Dezitonne Ertrag ist noch vielen Landwirten das Risiko zu hoch und der Anreiz durch die Preisgestaltung noch zu gering. Entspannter wird die Situation durch den Landwirt dort gesehen, wenn erst im Frühjahr entschieden wird, den Raps bis zur Ernte zu führen, oder aber als gute Vorfrucht für eine Sommerung umzubrechen. Aufgrund der neuen Düngeverordnung können 60 kg N zu Raps im Herbst gedüngt werden, die bei Umbruch im Frühjahr dann der Folgekultur zur Verfügung stehen.

Aufm Feld während der Exkursion

Der Anbau erfolgt in der Praxis als Breitsaat oder in „Weiter Reihe“ mit einer relativ hohen Aussaatstärke von 70 bis 75 Körnern pro Quadratmeter. Die organische Düngung sollte überwiegend im Herbst erfolgen und sich im Frühjahr vorzugsweise nur auf Dünger mit leicht verfügbarem Stickstoff beschränken. Dabei muss eine gute Schwefelversorgung sichergestellt werden. Der Anbau im Gemenge mit Winterkörnerleguminosen kann ebenfalls erfolgreich sein, wobei der Raps in dieser Kombination nicht den ertragsstarken Partner darstellt. Die Schädlingsregulierung sollte sich auf den Rapsglanzkäfer konzentrieren. Erfolge konnten durch Gesteinsmehle (Kaolin und Klinoptilolith) oder der Anwendung von Kieselgur erzielt werden. Erste Feld- und Praxisversuche mit Kieselgur und Sonnenblumenöl zeigten Regulierungserfolge gegen den Rapsglanzkäfer und eine erhöhte Schotenbildung. Die BIOFA AG verfolgt
die Zulassung von Kieselgur als Pflanzenschutzmittel im Freiland. Der Raps hat ein hohes Kompensationsvermögen und reagiert bei Schädlingsbefall mit verstärkter Seitentriebsbildung, die aber zu einer ungleichmäßigen Abreife der Bestände führt.

Die Qualität des Rapsöles wird entscheidend durch Schwarzbesatz und Feuchtegehalt des Erntegutes beeinflusst. Hoher Unkrautsamenbesatz kann zu einer schnellen Rückbefeuchtung der Rapssamen und damit zu Pilzbesatz und Mykotoxinbildung führen. Insbesondere ätherische Öle aus Kamillensamen verderben sehr schnell ganze Partien, da sich die Öle an die Rapssamen anlagern und auch noch später starke Geschmacksveränderungen herbeiführen können.

In einer anschließenden Diskussionsrunde mit allen Teilnehmern, die von Sabrina SCHOLZ geleitet wurde, sind die Probleme des ökologischen Rapsanbaus und die Notwendigkeit von neuen Regulierungsstrategien sowie Unterstützungshilfen, die zur Verbesserung beitragen können, erörtert worden. Ein klarer Konsens aller Teilnehmer*innen in der Diskussion war, dass trotz des hohen Risikos im Anbau an der heimischen Rapsproduktion weiter festgehalten werden sollte. Denn durch den
Raps kann eine weite Fruchtfolge und mehr Diversität auf dem Acker ermöglicht werden. Des Weiteren hat der Raps eine sehr positive Vorfruchtwirkung und hat mit seinem gut ausgebildeten Wurzelsystem auch positiven Einfluss auf die Bodenstruktur. Daher braucht es langfristige Lösungen, die unter den Teilnehmern vor allem in der Nützlingsförderung durch die weitere Reduktion synthetischer Pflanzenschutzmittel im konventionellen Landbau und der Etablierung von Landschaftsstrukturen (Blühstreifen, Hecken) gesehen wird. Aber auch die Entwicklung neuer Regulierungsstrategien auf Grundlage mechanischer und biologischer Maßnahmen, einschließlich der Anwendung selektiver, naturstofflicher Pflanzenschutzmittel, sind für die Ausweitung des ökologischen Rapsanbaus wichtig. Des Weiteren wurde zwischen den beteiligten Landwirten und Ölmühlen auch der Ansatz über das finanzielle Mittragen der hohen Ertragsrisiken durch die Ölmühlen und Verbraucher rege diskutiert. So könnten höhere Erzeugerpreise die Motivation, Öko-Raps anzubauen, steigern und die heimische Produktion könnte sichergestellt werden.

Die Exkursion am zweiten Tagungstag erfolgte zum Ökobetrieb Beerfelde in das östliche Brandenburg. Bedingt durch starken Regen wurden im Tourbus die ersten Erläuterungen zur Betriebsstruktur und zum Rapsanbau durch den Betriebsleiter Johann Gerdes gegeben. Danach wurden die Untersaatversuche beim Raps von Frau Irena RACHNER (DSV Bückwitz)
erläutert. Die besten Ergebnisse erzielte dabei die abfrierende Lupinenuntersaat, die sowohl eine gute Unkrautunterdrückung als auch eine Stickstoffbindung bzw. Nachlieferung ermöglicht. Aufgrund des trockenen Herbstes 2018 wurde der Rapsanbau in Deutschland stark eingeschränkt. Der hohe Rapsglanzkäferdruck im Frühjahr 2019, auch auf dem Öko-Raps des Beerfelder Hofes, ist wahrscheinlich eine Folge davon. Die aus dem Winterquartier kommenden Käfer trafen auf etwa nur die Hälfte der Rapsanbaufläche des Vorjahres und konzentrierten sich deshalb auf die verbliebenen, wenigen Flächen.

Artikel erschien im Journal für Kulturpflanzen, 71 (7). S. 222–223, 2019, ISSN 1867-0911, DOI: 10.5073/JfK.2019.07.04 und steht hier zum Download bereit

Autor*innen: Stefan Kühne, Roland Hoffmann-Bahnsen, Sabrina Scholz